Ernährungsberaterin Moana Werschler im Interview
Moana Werschler, auch bekannt als Miss Broccoli, ist seit 2020 Ernährungsberaterin. Sie unterstützt Familien bei der Herausforderung, täglich gesundes Essen auf den Tisch zu bringen. In ihren Beratungsgesprächen stellt sie oft fest, dass in vielen Familien zu viel Zucker ein Problem ist.
Ein Gespräch über zu süße Essgewohnheiten und wie man seinen Kindern gesunde Ernährung beibringt.
Wie groß ist das Problem des Zuckerkonsums bei Kindern, Moana?
Moana Werschler: Beim Thema Zuckerkonsum gibt es mehrere Probleme. Das größte Problem: Den meisten Familien ist gar nicht bewusst, dass sie ein Problem damit haben könnten. Beispielsweise kaufen viele Familien Kinderjoghurts, wie z. B. im Paw Patrol Design. Sie übersehen aber, dass dieses Design reines Marketing ist, und machen sich keine Gedanken über die Inhaltsstoffe. Solche Joghurts enthalten allerdings sehr viel Zucker. So starten Kinder schon mit Zucker in den Tag, nachmittags gibt es dann noch Süßigkeiten, allenfalls noch Süssgetränke und damit haben die Kinder bereits viel zu viel Zucker gegessen. Manchmal rutschen Familien auch versehentlich oder aus Sorge in zu viel Zucker fürs Kind hinein.
Was meinst du damit, dass Familien in einen zu hohen Zuckerkonsum abrutschen?
Moana Werschler: Das passiert meistens aus der Sorge heraus, dass das Kind nichts oder zu wenig isst. Manche Eltern denken dann: Bevor es gar nichts isst, soll es wenigstens das Nutella-Brot essen. Doch wer einmal in den gewohnheitsmäßigen Zuckerkonsum gerutscht ist, kommt da schwer wieder heraus.
Wie können Eltern das Problem des zu hohen Zuckerkonsums ihrer Kinder in den Griff bekommen?
Moana Werschler: Das Wichtigste ist, den Zuckeranteil in der Ernährung generell zu reduzieren und auf eine ausgewogene, vielseitige Ernährung zu achten. Ein erster, einfacher Schritt kann dabei sein, die Zutatenliste auf den Lebensmitteln zu lesen – insbesondere verarbeiteter Lebensmittel. Viele tun das nicht. Dabei wüssten die Eltern dann, wie viel Zucker das jeweilige Lebensmittel tatsächlich enthält und könnten es gegebenenfalls durch ein zuckerärmeres Produkt ersetzen. Gleichzeitig sollte die Umstellung auf eine gesündere Ernährung immer mit dem Aufbau von Wissen einhergehen. Dies betrifft zum einen die Eltern. Sie sollten sich in Sachen Ernährungswissen weiterbilden: Welche Lebensmittel sind gut, nährstoffreich etc. Was braucht der Körper? Zum anderen sollten sie dieses Wissen dann auch an ihre Kinder weitergeben. Es ist wichtig, Kindern zu erklären, warum sie zum Beispiel nur wenig Süßigkeiten essen sollen.
Du bist selbst Mutter. Wie erklärst du deinen Kindern, warum zu viel Zucker schlecht für den Körper ist?
Moana Werschler: Meine Kinder wissen, dass sie von Zucker Karies bekommen können. Deshalb müssen sich nach dem Naschen die Zähne putzen. Ich sage ihnen auch, dass der Körper verschiedene Nährstoffe braucht, zum Beispiel Vitamine, die vor allem in Gemüse und Obst vorkommen, damit der Körper stark bleibt und Viren abwehren kann. Das heißt aber nicht, dass ich Lebensmittel in gesund und ungesund einteile. Vielmehr zeige ich, dass das eine Lebensmittel viele Nährstoffe für den Körper enthält und das andere, wie zum Beispiel ein Lutscher, nur Zucker. Wenn man seinem Körper immer zu wenig Nährstoffe gibt, kann das krank machen.
Sollte man Kindern Süßigkeiten ganz verbieten? Oder vielleicht das Gegenteil tun?
Moana Werschler: Es gibt Verfechter des so genannten intuitiven Essens. Diese plädieren dafür, Kinder essen zu lassen, was sie wollen. Das ist gut, aber solche Ansätze sollten immer mit Ernährungsbildung einhergehen, dass den Eltern also klar ist, was eine ausgewogene Ernährung bedeutet. Somit sollte immer ein gesundes Angebot auf dem Tisch stehen. Zum Beispiel: Neben einer Schale mit industriell gefertigten Süßigkeiten sollte auch eine Schale mit Obst stehen und bei jeder Mahlzeit auch Gemüse angeboten werden. Ein vollständiges Verbot von Süßigkeiten ist nie zu empfehlen. Es besteht die Gefahr, dass Süßigkeiten einen zu hohen Stellenwert bekommen und für Kinder noch verlockender werden. Schlussendlich gilt auch die Vorbildfunktion der Eltern, die enorm wichtig ist.
Warum haben Familien oder jeder Einzelne von uns ein Zuckerproblem?
Moana Werschler: Viele Menschen haben das Gespür für sich selbst verloren und wissen nicht mehr, was ihnen guttut und was nicht. Auch die Lebensmittelindustrie macht es uns schwer, uns gesund zu ernähren. Viele greifen gerne zu Fertigprodukten, weil sie schnell und einfach zuzubereiten sind. Fertigprodukte enthalten aber meist viel Zucker (und weitere unnötige Zutaten) und verleiten dazu, sich nicht mehr mit den Inhaltsstoffen und der Ernährung auseinanderzusetzen. Dabei wäre es wichtig, selbst kreativ zu werden, selbst zu kochen und zu sehen, welche Zutaten ich verkoche und dann esse. Bei Kindern kommt das Verpackungsdesign hinzu – Beispiel Paw Patrol. Das Design verleitet Kinder und Eltern dazu, aufgrund des äußeren Designs Lebensmittel zu kaufen und zu essen, die nicht unbedingt eine gesunde Ernährung fördern.
Hast du Tipps für Eltern, wie sie Süßigkeiten gesund in die Ernährung ihrer Kinder integrieren können?
Moana Werschler: Eine gute Möglichkeit ist, Süßigkeiten selbst herzustellen und dabei den Anteil an Industriezucker zu reduzieren oder zum Beispiel mit Datteln oder Bananen zu süßen. Im Idealfall stellen Eltern und Kinder die Süßigkeiten gemeinsam her. So bekommen Kinder auch wieder Lust, selbst etwas zu machen, zu kochen, was natürlich gut für die spätere Ernährung und die Essgewohnheiten ist.
Liebe Moana, vielen Dank für das interessante Gespräch!
Über Moana Werschler
Moana Werschler alias Miss Broccoli ist Ernährungsberaterin mit den Schwerpunkten pflanzenbasierte Ernährung für Mutter und Kind sowie „Picky Eater“. Sie unterstützt Familien mit Kindern im Alter von 1,5 bis 10 Jahren auf dem Weg zu einer gesunden Ernährung und bietet dazu auch E-Books, Coachings und Online-Workshops an. Ihr Ernährungswissen, praktische Tipps und Rezepte teilt sie auf Instagram und ihrer Website www.missbroccoli.com. 2023 veröffentlichte Moana ihr erstes Kochbuch mit dem Titel „Mama, ich will Brokkoli“.
Dieses Interview entstand im Rahmen der Arbeit an einem meiner nächsten Kinderbücher, das noch geheim ist.
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